Hinter Gittern

In der vergangenen Woche ist eine dieser netten Geschichten passiert an die man sich hinterher gern als eine „Weißt du noch, damals als..“-Geschichte erinnert. Diese Geschichte wird dann folgendermaßen weitergehen: Weißt du noch damals in Italien, als wir morgens auf diesem verlassenen Campingplatz wach geworden sind, der gar kein Campingplatz war und wo das Tor abgeschlossen war und wir nicht mehr herauskamen.

Das kam so: Wir kamen bei einsetzender Dämmerung und ausgeprägtem Hunger im Team deutlich später als geplant bei dem von uns sorgfältig ausgewählten Campingplatz an. Sorgfältig deshalb, weil in dieser Gegend die Plätze oft für so große Gefährte nicht ausgelegt sind und wir in den Tagen davor einige, sagen wir „fahrtechnisch anspruchsvolle“, Situationen hatten. Es bot sich uns bei der Ankunft folgendes Bild: Großes Campingplatzschild, Tor offen, Schranke offen und ein nettes schweizer Pärchen, welches ebenfalls Platz für eine Nacht suchte, außerdem Stromkästen zu, Wasserhähne abgedreht und keiner da, auch bei der Telefonnummer geht keiner ran. Was soll man da denken? Ganz einfach: „Was soll schon passieren?!“  So haben wir uns also zusammen mit dem schweizer Pärchen im Caddy für die Nacht auf dem ansonsten leeren Platz eingerichtet.

 

Am nächsten Morgen war dann allerdings das Tor zu, verschlossen mit Schloss und Kette. Äh ja, nun, das kann also auch passieren. Okay, das ist jetzt nicht ganz er Start in den Tag wie man ihn sich vorstellt; „Mama, Papa, das Tor ist zu. Wir kommen hier nicht mehr raus.“ Also eines ist in so einer Lage immens wichtig (und in vielen anderen auch), nicht aus der Ruhe bringen lassen und erstmal einen Kaffee kochen. Die Schweizer kamen mit ihren Klappstühlen rüber und wir tranken erstmal Kaffee. Finja ist losgezogen über den Zaun und hat nach jemandem geschaut der vielleicht aufmachen könnte. Kaffee trinken! Patric hat wen ans Telefon bekommen, der in schlechtem Englisch erklärt hat der Platz sei zu, man könne da nicht campen bevor er auflegte. Kaffee trinken! Während wir mit unserer neuen Bekanntschaft auf Klappstühlen vor unserem Wohnwagen saßen und den Kindern beim Ball spielen zuschauten und Kaffee tranken passierte lange nichts. Aber es hatte ja auch gar keine Eile, der Kaffee war warm, die Plätze bequem. Doch irgendwann erschien jemand auf dem Nachbargrundstück, er erklärte uns es sei geschlossen, allerdings nutze das Restaurant den Platz als Kundenparkplatz. Es täte ihm sehr leid, weil wir das ja nicht wissen konnten und er mache uns sofort wieder auf.

Erkundungstour und Telefonat hätten wir uns sparen können, wichtig war, dass wir da saßen, wo wir saßen, sonst hätte er uns vielleicht nicht bemerkt. Also, öfter Mal die Ruhe bewahren und Kaffee trinken damit man den Nachbarn mit der Lösung des Problems nicht verpasst.

Die Bilder sind in Tivoli entstanden. Die Villa d’Este und Villa Gregoriana sind definitiv eine Reise wert.

La dolce Vita – Wir kommen!

Unser letztes Teneriffa-Abenteuer hat ein jähes Ende gefunden, da sich einfach keine bezahlbare Bleibe finden lassen wollte. Etwas frustriert sind wir dann, leider deutlich eher als geplant, nach Hause geflogen.

Das ist der große Nachteil, wenn man sein „Haus“ nicht dabei hat. Wir haben lange überlegt, ob wir das Reiseleben unter diesen Umständen erstmal wieder drangeben, letztendlich hat dann aber doch die Neugier auf Italien überwogen. Vor gut zwei Wochen sind wir mit unserem „neuen“ Wohnwagen in Bissendorf aufgebrochen.

Was soll ich sagen, es war ein bisschen wie einen guten Freund treffen, den man lange nicht gesehen hat. Wir konnten genau dort anknüpfen, wo wir aufgehört haben. Vieles von dem, was zuhause an uns zieht, fällt einfach ab. Keine Termine, keine Verpflichtungen gegenüber Haus und Hof dafür mehr Zeit für uns.

Unser erstes Etappenziel war München, auf einem absolut urigen, privaten Campingplatz haben wir mit „Platzwart“ Felix, einem echt bayrischen Original, am Lagerfeuer den Beginn dieser Reise eingeläutet. Schön war’s.

Am nächsten Tag erkundeten wir das Deutsche Museum in München, wenn wir nicht in Venedig verabredet gewesen wären, wären wir sicher ein paar Tage länger in München geblieben, denn ein Tag im Deutschen Museum ist einfach viel zu kurz. Es war so interessant, dass unsere Mädels glatt das Mittagessen vergessen haben und das kommt für gewöhnlich nicht vor.

So ging die Reise am nächsten Tag weiter über Österreich nach Venedig. Zwischenstopp an einem herrlichen Bergsee, die Nacht auf einem österreichischen Rastplatz.

Bei bestem Sommerwetter bezogen wir einen Campingplatz in der Nähe von Venedig. Dort haben wir ein paar richtig schöne Urlaubstage mit Freunden verbracht. Patric hatte Urlaub und auch die Kinder hatten schulfrei. La dolce Vita!

Ein Ausflug nach Venedig durfte natürlich nicht fehlen. Es war ein herrlicher Tag, wir haben uns im Museum Ca‘ Razzonico von unglaublich schönen Fresken beeindrucken lassen, leckere Pizza in einem Restaurant abseits des Touri-Stroms gegessen und uns auf dem Markusplatz unter die Touris gemischt. (Wobei ich sagen möchte, dass wir die Tauben nicht freiwillig gefüttert haben. Der Mann mit dem Taubenfutter hat uns einfach überrumpelt.)

Auf der Suche nach dem süßen Leben werden wir in den kommenden Wochen Italien und seine Museen erkunden. Unsere Mädels sind nämlich im Moment auf einem Museen-Trip.

Auf geht’s oder willkommen zurück in den Reiseschuhen

Endlich sind wir wieder unterwegs. Mir scheint wir brauchen jedes Mal länger, um uns in Bissendorf wieder loszueisen. Ursprünglich wollten wir schon Ende Januar wieder unterwegs sein. Da wir aktuell nicht auf unseren Wohnwagen zurückgreifen können, war es auch gar nicht so einfach etwas Passendes zu finden. Letztendlich hat es uns nach Teneriffa verschlagen, die Kanaren können den deutschen Winter auf ein erträgliches Maß kürzen.

Leider eignen sie sich aber gar nicht für eine Wohnwagentour, zumal unser Wohnwagen auch immer noch beim Händler auf seine Reparatur wartet (seit drei Monaten!). So sind wir nach einem sehr langen Reisetag in einer Ferienwohnung angekommen, die, nachdem Finja und ich zwei Stunden lang Krempel weggestellt und geputzt haben, ganz passabel ist. Bleibt aber die Frage, warum der ganze Nippes überhaupt dasteht?

Man könnte es sich leicht machen und sagen, jemand hat versucht zu „dekorieren“, über Geschmack lässt sich streiten. Allerdings bezweifle ich, dass irgendwer ein staubiges Teelicht in einem etwas wachsverschmierten Glas wirklich als dekorativ betrachtet. Warum dann?

 

 

Es musste irgendwo hin? Vielleicht! Aber ich will damit nicht Urlaub machen. Vor drei Jahren habe ich angefangen unser Zuhause von all diesem überflüssigen Krempel zu befreien. Nach dem Motto „Was nicht glücklich macht kann weg!“ bin ich Zimmer für Zimmer durchgegangen und habe ausgemistet. Inzwischen bin ich in den meisten Räumen mehrfach gewesen und habe immer noch etwas gefunden von dem wir uns trennen konnten. Es ist ein bisschen wie bei einer Zwiebel, Schicht für Schicht. Zuhause sind wir bei einem gut händelbaren Minimum angekommen.

Denn das ist es, worum es geht, jedes Teelicht, jede Vase, die rumsteht muss „gehändelt“ werden, man muss sie putzen, man muss sie zur Seite stellen, um das Fenster zu öffnen und in meinem Fall muss ich aufpassen, dass sie niemand runterschmeißt. Das braucht Zeit, mentale Energie und oder Geld, wenn man jemanden bezahlt, der die eigene Wohnung oder das Ferienhaus putzt.

Heute denke ich, das Ausmisten hat den Grundstein für unsere Reisen gelegt. Das Befreien von physischem Ballast hat auch zur Befreiung von mentalem Ballast geführt. Wir hatten den Kopf frei die Reisen zu planen. Wir kommen mit weniger Dingen aus und haben deshalb mehr Zeit für uns und unsere Kinder.

In der letzten Woche haben wir diese Zeit genutzt, um erstmal hier anzukommen und die Sonne zu genießen, Sonnenbrand inklusive. Wir haben die Umgebung erkundet und den Atlantik begrüßt und sind nun auf der Suche nach einer Bleibe für die kommenden Wochen, da wir dieses Ferienhaus nur für die ersten zwei Wochen gemietet haben.

Bei unserem letzten Kanaren Aufenthalt auf La Palma haben wir quasi das perfekte Ferienhaus (https://obisun.net/de/Casa/ficha_casa/2 – zur Erinnerung) gefunden, es war eine glückliche Fügung. Jetzt heißt es ein paar Tage Suchen und Hoffen, ich bin gespannt, wo wir landen und ob wir etwas finden, dass wir nicht ausmisten müssen, bevor wir darin wohnen können.

Für eine Antwort auf die Frage „Warum der ganze Nippes?“ gilt vielleicht der Umkehrschluss: Führt mentaler Ballast zum Anhäufen von Krempel? Ich weiß es nicht, aber ich vermute, dass es da einen Zusammenhang gibt.

 

Der Drahtseilakt

Die letzten Tage dieser Reise sind angebrochen, etwas eher sogar als ursprünglich geplant. So ist das mit der Reiseplanung, wir tüfteln tagelang die strategisch beste Route aus und dann „peng“, reißt zum Beispiel das Drahtseil an unserem Hubbett.

Wir reisen mit einem Dethleffs c‘go UP 525 KR. Er ist einer der größten einachsigen Wohnanhänger, die es aktuell auf dem Markt gibt. Mit sieben Schlafplätzen und zwei Tischen hat er für unsere Zwecke einen fast optimalen Grundriss. Wir haben im Bug ein Etagenbett und eine zum Bett umbaubare kleine Sitzgruppe und im Heck eine zum Doppelbett umbaubare große Sitzgruppe, an der wir alle sitzen können, sowie ein Hubbett über der Sitzgruppe, das wir zum Schlafen einfach herunter ziehen können, jedenfalls wenn die Seilkonstruktion funktioniert.

Jetzt ist das Bett unten und da bleibt es auch, was zur Folge hat, dass wir nur noch einen sehr kleinen Tisch zur Verfügung haben und Patrics und mein gemütliches Doppelbett auch nicht mehr zu benutzen ist. Es ist ein bisschen wie beim Tetris spielen früher am Gameboy, es ist immer weniger Platz zum Drehen da. In Zahlen: ca. ein Viertel der Gesamtfläche ist jetzt nicht mehr nutzbar. Außerdem fehlen zwei Schlafplätze, da müssen jetzt alle noch ein bisschen mehr zusammenrücken.  Zumal wir auch das Vorzelt bei dieser Witterung nur noch als Abstellraum nutzen.

Am Anfang war der Frust groß, zumal es schon das zweite Mal innerhalb des ersten Jahres ist, dass dieses Problem auftritt. Man kann sich wirklich fragen, warum ein namhafter Hersteller wie Dethleffs so eine hakelige Konstruktion verbaut. 

 

Aber darf ich mich überhaupt ärgern? Wir sind doch in einer ziemlichen Luxussituation. Selbst gemessen an westeuropäischen Verhältnissen. Ich habe in den letzten Wochen öfter Dinge gesehen, die solche Ärgernisse in eine andere Perspektive rücken. Menschen, die in Wellblechhütten leben in Montenegro, der Obdachlose in Albanien (der vermutlich nicht zur nächsten Wärmeküche gehen kann, wenn er am Tag nicht genug Geld für Essen erbettelt hat) oder die vielen Flüchtlinge in den Camps in Griechenland. Diese Dinge wissen wir alle und deshalb klingt es auch so abgedroschen, sie heranzuziehen. Aber ich kann für mich sagen, dass es einen Unterschied macht ein Flüchtlingscamp in natura gesehen zu haben. Die Tragweite bekommt quasi eine andere Weite. Ich war fassungslos und habe mich geschämt Europäer zu sein, ich habe auch keine Lösung für dieses Problem und es irritiert mich, dass auch sonst niemand eine hat.

Auch wenn ich den Kreis nicht so weit ziehe, ist die Tatsache, dass wir mit der ganzen Familie eine solche Reise unternehmen können ein ziemliches Privileg. Es müssen viele Faktoren stimmen, um das zu realisieren und dafür, dass wir das tun können sind wir sehr dankbar.

Diese Gedanken kamen mir, als ich mich mit meinem Frust und einer heißen Schokolade mit Sahne, die mag mein Frust nämlich besonders gern, gerade in der super ausgestatteten Spielzone auf der Liege im, an den Campingplatz angeschlossenen, Wellness-Ressort niedergelassen hatte.

 

 

Gedanklich bin ich dann aufgestanden habe meinen maulig schauenden Frust streng angeguckt und laut gesagt: „Alter, runter von meiner Liege. Ich chill hier jetzt erst ein bisschen und guck meinen Kindern beim Spielen zu. Wenn mein Mann heute Mittag Feierabend hat, gehen wir alle unten im Thermalbecken plantschen und wenn wir in ein paar Tagen zuhause sind, bringen wir den Hänger zur Garantiereparatur. Und gib‘ die heiße Schokolade her, die trink ich ganz alleine!“

Der Frust ist frustig abgezogen, ich habe die heiße Schokolade getrunken und es geschafft mir einzureden, dass mein Teenie denkt das ich cool bin, weil ich manchmal „Alter“ sage 😉. (Das nur am Rande.)

Wir genießen noch ein paar Tage diesen Luxus, sehen uns Ungarn an und treten dann den Rückweg an. Wir sind dankbar für diese Reise und vieles mehr!

 

Grüße aus dem Waschsalon

Heute schreibe ich nicht mit dem Blick auf den Golf von Korinth oder in der Sonne sitzend am Strand, heute sitze ich in einem ungarischen Waschsalon, denn Wäsche waschen muss auch mal sein. Viele Dinge sind unterwegs einfacher, manche Dinge bekommen aber auch eine neue Dimension, Wäsche waschen zum Beispiel.  Die dritte Dimension ist unterwegs übrigens das „wo?“.

„Wäsche waschen“ ist in diesem Fall ein schönes Beispiel dafür, dass Dinge nicht schöner sind, nur weil sie leichter sind. Oft hat man hinterher ein besseres Gefühl, wenn das was man getan hat, auch ein bisschen schwierig war. Nicht zu schwierig, sondern so, dass man es gerade schaffen konnte.

Gestern sind wir in Bulgarien gestartet. So wie wir in den letzten Wochen schon oft gestartet sind. Aber gestern lief es trotz aller Übung nicht so gut. Das Gelände, auf dem wir standen, war sehr uneben und deshalb war die Deichsel des Hängers viel tiefer als die Anhängerkupplung des Autos. Beim Versuch den Hänger von Hand auf die Kupplung zu heben ist Patric die Deichsel des Hängers auf den Fuß gefallen. Autsch! Zum Glück war der Schreck größer als der Schaden. Patric ist mit einem dicken blauen Fleck davongekommen, es hätte aber leicht auch ein gebrochener Fuß dabei herauskommen können. Mit Hilfe des Platzbetreibers, Wagenheber und einer pfiffigen Idee konnten wir die Situation lösen und sind mit kleiner Verspätung gestartet, nur um eine halbe Stunde später auf das Ende des Staus vor der Grenze zuzufahren.

 

Die LKWs stehen dieser Tage vor der rumänischen Grenze in einem 15km langen Stau, aber auch als Privatperson haben wir dreieinhalb Stunden vorm Grenzposten gewartet, sodass es schon früher Nachmittag war, als wir endlich ernsthaft Fahrt aufnehmen hätten können. Wenn dann nicht das böse Hunger-Monster um die Ecke geschaut hätte. Also… nochmal anhalten, die Mannschaft füttern, aber danach ging es wirklich los und es stellte sich dieses Hochgefühl ein, das man bekommt, wenn man etwas geschafft hat. Nur hatten wir in Wirklichkeit erst 30 der insgesamt 500 Kilometer gefahren, weshalb das Gefühl genau genommen jeder Grundlage entbehrte.

Ähnlich ist es auch im Waschsalon, gleich piepen die Trockner und ich kann die saubere Wäsche für die ganze nächste Woche herausnehmen und falten. Wenn das erledigt ist, werde ich das Gefühl haben, heute schon richtig etwas geschafft zu haben. Zuhause stellt sich dieses Gefühl beim Waschen nur selten ein, es ist mehr ein stetiger Kampf gegen das Wäschemonster unter der Devise „A Laundry a Day keeps the Laundry-Monster away!. Der Kampf läuft einfach so parallel zum „Tagesgeschäft“.

Soweit zu gehen deshalb meine Waschmaschine abzuschaffen würde ich nicht, aber es ist doch eine schöne Erinnerung daran, dass es befriedigend sein kann nicht immer nach dem leichtesten oder bequemsten Weg zu suchen, denn größere Anstrengungen werden oft mit einem besseren Gefühl belohnt.

Ein netter Nebeneffekt im Waschsalon ist, hier ist es wirklich nett. Es riecht lecker nach gewaschener Wäsche, das Sofa ist bequem, es schreibt sich hier ganz hervorragend (nebenbei frage ich mich: wie viele Bücher wohl in Waschsalons geschrieben wurden?) und ich habe eine kleine Auszeit, weil die Kinder lieber mit Patric auf den Spielplatz gehen wollten. Vielleicht gehe ich zuhause doch gelegentlich mal im Waschsalon waschen?

Ein kleiner Nachtrag noch: zum Wäschefalten hatte ich dann doch einige Helfer, draußen ist es unattraktiv kalt 😉.

 

Innenhalten, Perspektive wechseln und Albanien bereisen

„Wir waren 7 Tage in Albanien.“ Das ist der einzige Satz, den ich über die Zeit in Albanien locker zu Papier bringe.  Alles weitere sind hart erarbeitete Erkenntnisse einer verwöhnten, grün-ökologischen Westeuropäer-Seele und bei allem was ich sehe, bin ich auch immer Teil meiner Wahrnehmung. Gerade deshalb ist es wichtig gelegentlich innezuhalten und die Perspektive zu wechseln.

Für unsere Zeit in Albanien bezieht sich das auf zwei Dinge. Zum einen auf Albanien selbst und zum anderen auch auf unser Zusammenleben auf 6 Quadratmetern.

Wir erreichten Albanien im Dunkeln nachdem wir an der Grenze ein gewisses Durcheinander verursacht hatten, in dessen Verlauf Lisbeth allein in Albanien war, während der Rest der Familie wieder in Montenegro stand. Das hat sie uns recht übel genommen. Jedenfalls hatten wir seit Wochen keine größere Stadt mehr gesehen und waren schwer beeindruckt von dem Lichtermeer und Getümmel, das uns in Shkodra erwartete. Auch der Campingplatz dort, mit angeleuchtetem Pool, war im Dunkeln der Hit, sodass wir mit einem guten ersten Eindruck schlafen gegangen sind.

 

Bei Licht am nächsten Morgen revidierte sich der Eindruck, die Anlage hatte insgesamt einen Pflegestau und auch der Ausflug in die Stadt hat am Morgen nicht gehalten, was der Abend versprochen hat.

Müll! Die Stadt schien in Müll zu ertrinken. Jemand hat wohl vor geraumer Zeit Mülltonnen aufgestellt, aber seitdem vergessen sie zu leeren. Hunde, überall Hunde, tot am Straßenrand oder sich sonnend auf der Mittelinsel des Kreisverkehrs. Sie gehören zum Stadtbild, genau wie die wilde Mischung der Fahrzeuge; da fahren knatternde, selbst zusammengeschusterte Lastenräder neben auf Hochglanz polierten Luxus-SUVs und tiefer gelegten, getunten Mercedesse. Gefahren wird auf der zweispurigen Straße mit mindestens drei Fahrzeugen nebeneinander, überholt werden kann dann trotzdem noch, vorzugsweise rechts. Wie gesagt: verwöhnte Westeuropäer-Seele, der ein oder andere Asiat wird sagen: „Läuft doch voll entspannt!“

Nun bin ich nach 7 Tagen Durchreise kein Albanien-Profi, mir ist bewusst, dass ich nur einen kleinen Teil gesehen habe und meine Eindrücke von meinen eigenen Werten gefärbt sind.

Im ganzen Land sahen wir verwilderte Hunde, magere Schafe und Ziegen, gehütet von Männern mit braunen, wettergegerbten Gesichtern, Menschen, die in Häusern wohnen, die keine Fensterscheiben haben oder in denen ganze Wände fehlen. Genausooft sieht man schicke Villen mit traumhaft angelegten Gärten, allerdings umgeben von hohen, mit Scherben gespickten Mauern, aufwendig verzierte Gotteshäuser und liebevoll gepflegte historische Städte.

Da stehen neue Lagerhallen neben Feldern auf denen Männer den Müll zusammenharken und verbrennen. Übrigens eine Sache, die ich absolut nicht verstehe: wieso liegt überall Müll herum? Wie kommt der dahin und wieso räumt den keiner weg?

Es sind die Gegensätze, die mich am meisten irritiert und angestrengt haben. Aus dem Gefühl heraus die Sache nicht richtig zu verstehen entsteht schnell ein unguter Gesamteindruck, aber das wird dem Ganzen nicht gerecht. Wenn ich mal meine westeuropäischen und ökologischen Werte außen vorlasse, haben wir ein Land bereist, in dem die Gegensätze nebeneinander existieren, scheinbar ohne sich zu beeinflussen. Ganz deutlich wird es daran, dass zwei große Weltreligionen beeindruckend friedlich nebeneinander leben und das schon seit langer Zeit.

Innehalten, Perspektive wechseln und dann sieht man in dem Ganzen Chaos ein zurückhaltendes, friedlich wirkendes Volk. Wir haben nur ausgesprochen nette und hilfsbereite Albaner getroffen, vom bettelnden Obdachlosen, der uns winkend auf den hohen Bordstein aufmerksam machte, der uns sonst mindestens eine kräftige Delle verpasst hätte, bis zum Polizisten, der spontan für uns gedolmetscht hat.

Auch bei uns im Wohnwagen ist innehalten und Perspektive wechseln manchmal nötig gewesen. Hin und wieder kriege ich zu hören „Man, sieben Leute auf so kleinem Raum. Wie geht denn das?“ Normalerweise sage ich dann, dass man ja sowieso die meiste Zeit draußen ist, dass es nicht 6 Quadratmeter sind, sondern quasi die ganze Welt drum herum. Allerdings hat es in Albanien und auch schon die letzten Tage davor viel geregnet, sodass wir tatsächlich viel alle zusammen im Wohnwagen waren. Dann kommt bei aller Familienliebe auch mal schlechte Stimmung auf und alle gehen sich gegenseitig auf die Nerven. Die Kunst ist jedem seinen Lagerkoller zuzugestehen und eben auch die Perspektive zu wechseln, wenn sich mal wieder alle auf den Füßen stehen.

Trotz des regnerischen Wetters haben wir nämlich viele spannende Erfahrungen gemacht.

Wir hatten großes Glück und durften uns einer netten Reisegruppe anschließen und an ihrer Stadtführung mit einem sehr kompetenten Führer teilnehmen. So sind wir nicht nur in den Genuss einer klasse Stadtführung gekommen, sondern haben auch alle zum ersten Mal eine Moschee von innen gesehen. Außerdem haben wir zum ersten Mal in warmen Schwefelquellen gebadet und albanisch gegessen.

Nur allzu leicht erscheint es mir, bleibt man an den störendenden, kleineren und größeren Details hängen und verliert darüber dass Gesamtbild aus dem Auge. Daran denke ich neuerdings immer, wenn im Wohnwagen mein Zeh mal wieder der unterste ist.

Es geht weiter, auch wenn’s mal eng ist

Montenegro hat man schon mal gehört, aber der ein oder andere wird sich fragen, wo liegt das eigentlich. Montenegro liegt an der Adriaküste zwischen Kroatien, Bosnien Herzegowina und Albanien. Ein sehr kleines aber für meinen Geschmack sehr sympathisches Land. Wir haben nur einen kleinen Teil Montenegros gesehen, aber der Name des Landes „Monte“ (also Berg) scheint Programm zu sein. Da haben die Berge nochmal Berge. Was ohne Frage zu beeindruckenden Aussichten führt, aber auch an den Fahrer eines insgesamt 14m langen Gefährts einige Herausforderungen stellt.

 

 

Aber der Reihe nach: das Abenteuer Montenegro begann schon damit, dass wir mehrere Stunden später in Kroatien losgefahren sind als wir eigentlich vor hatten. Nicht optimale Straßenverhältnisse erwartend hatten wir uns vorgenommen, nicht im Dunkeln in Montenegro fahren zu wollen. Was wie sich herausstellte auch eine gute Einschätzung der Lage war. Nun sind wir aber später losgefahren, was zu Folge hatte, dass natürlich – kaum waren wir in der Nähe unseres Ziels – die Dämmerung einsetzte. Das Ziel war das Njegos-Mausoleum auf dem Gipfel Jezerski Vrh im Nationalpark rund um das Lovcen Gebirgsmassiv. Die Straßen waren zunächst auch noch besser als erwartet, aber als es dann den Berg hinauf ging mussten wir abbrechen, bei Licht war es schon eine anspruchsvolle Strecke aber im Dunkeln und ohne Ortskenntnisse ein Himmelfahrtskommando.

Nun war guter Rat teuer, unser angesteuerter Platz war oben auf dem Berg und unten ist nicht gerade eine touristische Gegend, zumal aktuell absolut Nebensaison ist. Die wenigen Campingplätze im erreichbaren Umkreis haben nur Saisonbetrieb. Zu guter letzt erreichten wir einen netten Herrn der neben seinem Campingplatz auch ein Hostel betreibt und uns den Parkplatz davor anbot. Klingt gut? Tja, wäre es auch gewesen für ein Fahrzeug, das nicht unsere Ausmaße hat. Es stellte sich heraus, dass das Hostel mitten in einem Wohngebiet mit kleinen, steilen Straßen steht. Es war ein Albtraum, selbst als erfahrene Fahrer haben wir uns in eine Situation gefahren, aus der es nicht vor und zurück ging, rechts Mauer und links ein 40 cm tiefer Straßengraben und natürlich kommt in diesem Augenblick jemand von hinten. Was im ersten Moment die stressige Situation komplett zu machen schien, erwies sich als erste von mehreren ähnlichen Erfahrungen. Nachdem ich den jungen Männern kurz unser Ziel und das Problem dargestellt hatte, erwiesen sie sich als äußerst hilfsbereit und kompetent und haben uns durch das Nadelöhr durchgelotst und ich spreche hier von weniger als 5 cm Luft an jeder Seite.  Ich sah schon Auto und Hänger mit Achsbruch im Straßengraben liegen, aber es ist gut gegangen!

Und letztendlich sind es diese Erfahrungen, die mir in Montenegro am meisten gefallen haben. Die Hilfsbereitschaft der Menschen scheint zu steigen, je weniger perfekt ihre Umgebung ist.

Auch am Hostel gab es wieder viele unaufgeregt helfende Hände und da der Eigentümer auch 5 Kinder ähnlich alt wie unsere hat, erinnerte der Abend binnen weniger Minuten an einen Kindergeburtstag, und wir haben uns trotz der abenteuerlichen Anreise wohl gefühlt.

 

 

Als wir dann am nächsten Morgen zum Nationalpark heraufgefahren sind, waren wir heilfroh, am Vorabend umgekehrt zu sein. Die Fahrt wäre sonst wohl nicht gut ausgegangen, denn sie war schon bei Tag eine echte Herausforderung.

Leider haben wir Montenegro bei schlechtem Wetter erwischt, sodass wir nach unserem Besuch am Mausoleum direkt nach Albanien weiter gereist sind.

Davon in den nächsten Tagen mehr, Albanien hat mich sehr beeindruckt, diese Eindrücke muss ich allerdings erst noch ordnen.

Unser Eindruck von Montenegro ist jedenfalls, dass es in angenehmen Maße touristisch erschlossen ist, ohne Überlaufen zu sein und wir wollen auf jeden Fall nochmal wiederkommen – nicht zuletzt um das atemberaubende Panorama auf dem Mount Lovcen zu sehen, das wir dieses mal leider verpasst haben, da der Mount Lovcen sich in eine dicke weiße Regenwolke hüllte. So haben wir statt des beeindruckenden Panoramas nur weiße Wolke gesehen.

Gefallen hat es uns trotzdem und mitgenommen haben wir aus Montenegro die Erkenntnis: es geht weiter, auch wenn es eng ist.

 

Geschichte in Kroatien

Wer ist von seinen Kindern schon einmal gefragt worden „Mama, was ist Krieg?“ Ich bin das schon des Öfteren gefragt worden und ich habe nie eine Antwort gefunden, die der Sache gerecht geworden wäre. Unter Umständen kann man das auch gar nicht in Worte fassen? Besonders dann nicht, wenn man selbst nie betroffen war. In Kroatien treffen „junge“ Kriegsvergangenheit und Tourismus auf stellenweise bizarre Art aufeinander. So kam es, dass wir uns in Kroatien einen nicht wieder aufgebauten Kriegsschauplatz angesehen haben. Dieser liegt direkt zwischen den Touristenorten um Dubrovnik.

In Kupar ist ein Teil der damals unter Beschuß geratenen Strandpromenade einfach so belassen und dem natürlichen Verfall überlassen worden. In den Gebäuden sind die Einschusslöcher deutlich zu erkennen, hier und da hat es offensichtlich gebrannt. Das haben wir uns angeschaut und plötzlich entstand bei unseren Kindern (zumindest den 3 Großen) eine betroffene und interessierte Neugier. Wer? Warum? Und wieso können Erwachsene keine bessere Lösung finden? Zumindest die letzte Frage konnte ich wieder nicht gut beantworten, aber die ersten beiden haben wir klären können. Was bleibt ist ein tiefer Eindruck!

 

… und ein paar schöne Erinnerungsfotos von der kroatischen Adriaküste.

 

Plitvicer Seen

Viel zu berichten gibt es diese Woche nicht. Wir haben scheinbar unseren Rhythmus gefunden und es war eine ziemlich ereignislose Woche. Auch das ist mal schön. Wir sind in Kroatien einfach ein bisschen der Sonne hinterher gereist und stehen jetzt bei muckeligen 26 Grad an der adriatischen Küste in der Nähe von Dubrovnik.

Einen erwähnenswerten Ausflug gab es aber doch. Ein Schauspiel der besonderen Art, sozusagen die kroatische Variante des Circus Maximus, auch bekannt als die „Plitvicer Seen“. Wer das jetzt googelt, findet atemberaubende Bilder von Wasserfällen und türkisblauen Seen. Das ist auch so: tolle Wasserfälle und die Farbe des Wassers ist unbeschreiblich schön. Aber viel beeindruckender oder auch erschreckender sind die Mengen an Menschen, die in Bussen heraufgeschafft werden oder sich sonst wie dort einfinden. Mich hat es mehr an eine große Kirmes erinnert. Über die Organisation vor Ort kann man nichts Schlechtes sagen. Hochprofessionell werden da täglich tausende Menschen durchgeschoben. Auf festgelegten Routen die Holzstege entlang bis zur ersten „Fresswiese“ mit Kaffee, Pommes und Klohäuschen, dann alle Mann im 20 Minuten-Takt auf’s Schiff und, zum Startpunkt des nächsten kurzen Rundgangs, übern See geschippert. Ja und an der Stelle sind wir dann „ausgestiegen“. Das ist wirklich nicht das, was wir unter einem Naturschauspiel verstehen, tolle Seen hin oder her. Aber auch für uns hielt der Nationalpark dann doch noch eine „Route“ bereit, abseits der befestigten Holzstege über welche die weniger gut informen* „Bustouris“ geschoben werden.

*(es gab lektorale Diskrepanzen dazu, ob es zu „in Form sein“ ein Adjektiv gibt, und ob dies dann „informen“ wäre. Gemeint ist der typische Bustourist, der nach x Stunden im Bus meist nicht „in Form“ ist mal eben Berge rauf und runter zu wandern.)  

Nach der obligatorischen Bootsfahrt sind wir auf den 14 km langen „Hiking-Trail“ ausgewichen und dann war es auch gut und schön. Auch hier trifft man gelegentlich Leute aber eben nur gelegentlich. Man muss auch nicht anstehen um an einer schönen Stelle ein Foto zu machen. Nur gut, dass in unserer Familie alle gerne Laufen. Sogar Lisbeth hat die Strecke mit ihren 4 Jahren bewältigt, war allerdings hinterher rechtschaffend müde.

Der erste Teil im Touri-Strom war schon ein bizarres Erlebnis. Das uns viele Menschen hinterherschauen und im Geiste nochmal nachzählen, sind wir inzwischen durchaus gewohnt. Nachzählende Menschen haben auch immer so einen lustigen Gesichtsausdruck 😉. Auch die Frage „Alles ihre?“ oder „Vier Mädels? Armer Papa!“ oder flotte Sprüche wie „Ganz schön fleißig! Hihihi“ (dazu ein schiefes Grinsen), passieren quasi täglich. Aber bisher hat noch niemand vorher gefragt „Darf ich ihre Kinder mal fotografieren, die sind so niedlich?“ Äh … auf die Frage bin ich jetzt gar nicht vorbereitet.

Unser Fazit, es ist gut da gewesen zu sein, aber wir würden nicht wieder hinfahren. Mit umgerechnet 90€ Eintritt ist der Besuch auch kein Schnäppchen. Da tröstet nur der Gedanke, dass mit den Eintrittsgeldern dass Fortbestehen dieses Naturschutzgebietes, in dem die Seen nur einen kleinen Teil ausmachen, unterstützt wird.

Zurück on tour

Es ist viel passiert in den letzten 4 Monaten. Wir haben den Sommer, beziehungsweise das, was in Norddeutschland dafür gehalten wird, in Bissendorf verbracht. Wie schon beim letzten Mal … in Bissendorf scheine ich nicht zum Schreiben zu kommen. Aber sei es drum, seit 10 Tagen sind wir wieder unterwegs, erst in Berlin und am letzten Sonntag haben wir das Land verlassen und genießen nun die österreichische Sonne in der Nähe von Linz, 28 Grad und Badespaß im See inklusive. (Und da ist dann plötzlich auch wieder Zeit und Lust zum Schreiben.)

 

 

Die ersten Tage brauchen wir erfahrungsgemäß um uns einzugrooven, auch unsere „Ferien“ sind zuende und die Mädels haben „das Lernen“ wieder aufgenommen. Viele neue Erkenntnisse habe ich bei der Vorbereitung auf das neue Schuljahr gewonnen, dazu in den nächsten Wochen mehr.

Und nun das Wichtigste, wir sind jetzt einer mehr! Das Unmögliche ist passiert … wir haben einen kleinen Jungen bekommen! Mitte Juni hat uns unser kleiner Henk überrascht. Gleich mehrfach, zum einen war er noch vor der Hebamme da und zum anderen hatten wir auch fest mit einem fünften Mädchen gerechnet. Macht aber nichts, er hat die Herzen aller Familienmitglieder im Sturm erobert. Er ist wohl am ehesten das, was man als einen Sonnenschein bezeichnet und am Allerliebsten liegt er mittendrinn. Ein bisschen ist es, als wäre er schon immer dabei. Es gibt gar keine Worte dafür, wie sehr wir ihn lieben.

 

 

Wir freuen uns sehr auf die nächsten Wochen; den Sommer etwas verlängern und wieder Geschwindigkeit aus dem Alltag herausnehmen. Die Tour führt uns diesmal nach Süd-Osteuropa, wobei die genaue Reiseroute noch nicht feststeht. Wir werden uns natürlich nach den aktuellen Reiseregelungen richten müssen und auch ein paar organisatorische Dinge im Blick behalten, aber abgesehen davon wollen wir interessante Orte sehen und noch mehr als bei den letzten Touren die Länder entdecken.

Mit der festen Überzeugung immer dorthin zu gelangen, wo wir sein sollen, geht es weiter…