Der Drahtseilakt

Die letzten Tage dieser Reise sind angebrochen, etwas eher sogar als ursprünglich geplant. So ist das mit der Reiseplanung, wir tüfteln tagelang die strategisch beste Route aus und dann „peng“, reißt zum Beispiel das Drahtseil an unserem Hubbett.

Wir reisen mit einem Dethleffs c‘go UP 525 KR. Er ist einer der größten einachsigen Wohnanhänger, die es aktuell auf dem Markt gibt. Mit sieben Schlafplätzen und zwei Tischen hat er für unsere Zwecke einen fast optimalen Grundriss. Wir haben im Bug ein Etagenbett und eine zum Bett umbaubare kleine Sitzgruppe und im Heck eine zum Doppelbett umbaubare große Sitzgruppe, an der wir alle sitzen können, sowie ein Hubbett über der Sitzgruppe, das wir zum Schlafen einfach herunter ziehen können, jedenfalls wenn die Seilkonstruktion funktioniert.

Jetzt ist das Bett unten und da bleibt es auch, was zur Folge hat, dass wir nur noch einen sehr kleinen Tisch zur Verfügung haben und Patrics und mein gemütliches Doppelbett auch nicht mehr zu benutzen ist. Es ist ein bisschen wie beim Tetris spielen früher am Gameboy, es ist immer weniger Platz zum Drehen da. In Zahlen: ca. ein Viertel der Gesamtfläche ist jetzt nicht mehr nutzbar. Außerdem fehlen zwei Schlafplätze, da müssen jetzt alle noch ein bisschen mehr zusammenrücken.  Zumal wir auch das Vorzelt bei dieser Witterung nur noch als Abstellraum nutzen.

Am Anfang war der Frust groß, zumal es schon das zweite Mal innerhalb des ersten Jahres ist, dass dieses Problem auftritt. Man kann sich wirklich fragen, warum ein namhafter Hersteller wie Dethleffs so eine hakelige Konstruktion verbaut. 

 

Aber darf ich mich überhaupt ärgern? Wir sind doch in einer ziemlichen Luxussituation. Selbst gemessen an westeuropäischen Verhältnissen. Ich habe in den letzten Wochen öfter Dinge gesehen, die solche Ärgernisse in eine andere Perspektive rücken. Menschen, die in Wellblechhütten leben in Montenegro, der Obdachlose in Albanien (der vermutlich nicht zur nächsten Wärmeküche gehen kann, wenn er am Tag nicht genug Geld für Essen erbettelt hat) oder die vielen Flüchtlinge in den Camps in Griechenland. Diese Dinge wissen wir alle und deshalb klingt es auch so abgedroschen, sie heranzuziehen. Aber ich kann für mich sagen, dass es einen Unterschied macht ein Flüchtlingscamp in natura gesehen zu haben. Die Tragweite bekommt quasi eine andere Weite. Ich war fassungslos und habe mich geschämt Europäer zu sein, ich habe auch keine Lösung für dieses Problem und es irritiert mich, dass auch sonst niemand eine hat.

Auch wenn ich den Kreis nicht so weit ziehe, ist die Tatsache, dass wir mit der ganzen Familie eine solche Reise unternehmen können ein ziemliches Privileg. Es müssen viele Faktoren stimmen, um das zu realisieren und dafür, dass wir das tun können sind wir sehr dankbar.

Diese Gedanken kamen mir, als ich mich mit meinem Frust und einer heißen Schokolade mit Sahne, die mag mein Frust nämlich besonders gern, gerade in der super ausgestatteten Spielzone auf der Liege im, an den Campingplatz angeschlossenen, Wellness-Ressort niedergelassen hatte.

 

 

Gedanklich bin ich dann aufgestanden habe meinen maulig schauenden Frust streng angeguckt und laut gesagt: „Alter, runter von meiner Liege. Ich chill hier jetzt erst ein bisschen und guck meinen Kindern beim Spielen zu. Wenn mein Mann heute Mittag Feierabend hat, gehen wir alle unten im Thermalbecken plantschen und wenn wir in ein paar Tagen zuhause sind, bringen wir den Hänger zur Garantiereparatur. Und gib‘ die heiße Schokolade her, die trink ich ganz alleine!“

Der Frust ist frustig abgezogen, ich habe die heiße Schokolade getrunken und es geschafft mir einzureden, dass mein Teenie denkt das ich cool bin, weil ich manchmal „Alter“ sage 😉. (Das nur am Rande.)

Wir genießen noch ein paar Tage diesen Luxus, sehen uns Ungarn an und treten dann den Rückweg an. Wir sind dankbar für diese Reise und vieles mehr!

 

Grüße aus dem Waschsalon

Heute schreibe ich nicht mit dem Blick auf den Golf von Korinth oder in der Sonne sitzend am Strand, heute sitze ich in einem ungarischen Waschsalon, denn Wäsche waschen muss auch mal sein. Viele Dinge sind unterwegs einfacher, manche Dinge bekommen aber auch eine neue Dimension, Wäsche waschen zum Beispiel.  Die dritte Dimension ist unterwegs übrigens das „wo?“.

„Wäsche waschen“ ist in diesem Fall ein schönes Beispiel dafür, dass Dinge nicht schöner sind, nur weil sie leichter sind. Oft hat man hinterher ein besseres Gefühl, wenn das was man getan hat, auch ein bisschen schwierig war. Nicht zu schwierig, sondern so, dass man es gerade schaffen konnte.

Gestern sind wir in Bulgarien gestartet. So wie wir in den letzten Wochen schon oft gestartet sind. Aber gestern lief es trotz aller Übung nicht so gut. Das Gelände, auf dem wir standen, war sehr uneben und deshalb war die Deichsel des Hängers viel tiefer als die Anhängerkupplung des Autos. Beim Versuch den Hänger von Hand auf die Kupplung zu heben ist Patric die Deichsel des Hängers auf den Fuß gefallen. Autsch! Zum Glück war der Schreck größer als der Schaden. Patric ist mit einem dicken blauen Fleck davongekommen, es hätte aber leicht auch ein gebrochener Fuß dabei herauskommen können. Mit Hilfe des Platzbetreibers, Wagenheber und einer pfiffigen Idee konnten wir die Situation lösen und sind mit kleiner Verspätung gestartet, nur um eine halbe Stunde später auf das Ende des Staus vor der Grenze zuzufahren.

 

Die LKWs stehen dieser Tage vor der rumänischen Grenze in einem 15km langen Stau, aber auch als Privatperson haben wir dreieinhalb Stunden vorm Grenzposten gewartet, sodass es schon früher Nachmittag war, als wir endlich ernsthaft Fahrt aufnehmen hätten können. Wenn dann nicht das böse Hunger-Monster um die Ecke geschaut hätte. Also… nochmal anhalten, die Mannschaft füttern, aber danach ging es wirklich los und es stellte sich dieses Hochgefühl ein, das man bekommt, wenn man etwas geschafft hat. Nur hatten wir in Wirklichkeit erst 30 der insgesamt 500 Kilometer gefahren, weshalb das Gefühl genau genommen jeder Grundlage entbehrte.

Ähnlich ist es auch im Waschsalon, gleich piepen die Trockner und ich kann die saubere Wäsche für die ganze nächste Woche herausnehmen und falten. Wenn das erledigt ist, werde ich das Gefühl haben, heute schon richtig etwas geschafft zu haben. Zuhause stellt sich dieses Gefühl beim Waschen nur selten ein, es ist mehr ein stetiger Kampf gegen das Wäschemonster unter der Devise „A Laundry a Day keeps the Laundry-Monster away!. Der Kampf läuft einfach so parallel zum „Tagesgeschäft“.

Soweit zu gehen deshalb meine Waschmaschine abzuschaffen würde ich nicht, aber es ist doch eine schöne Erinnerung daran, dass es befriedigend sein kann nicht immer nach dem leichtesten oder bequemsten Weg zu suchen, denn größere Anstrengungen werden oft mit einem besseren Gefühl belohnt.

Ein netter Nebeneffekt im Waschsalon ist, hier ist es wirklich nett. Es riecht lecker nach gewaschener Wäsche, das Sofa ist bequem, es schreibt sich hier ganz hervorragend (nebenbei frage ich mich: wie viele Bücher wohl in Waschsalons geschrieben wurden?) und ich habe eine kleine Auszeit, weil die Kinder lieber mit Patric auf den Spielplatz gehen wollten. Vielleicht gehe ich zuhause doch gelegentlich mal im Waschsalon waschen?

Ein kleiner Nachtrag noch: zum Wäschefalten hatte ich dann doch einige Helfer, draußen ist es unattraktiv kalt 😉.

 

Ein Plädoyer für Gewohnheiten, Schreibschrift und Geschenkschleifen

Unsere Reiseroute hat uns am Wochenende fast 600 km weiter nach Nordwesten geleitet. Wir sind sozusagen auf dem Rückweg, dazu passend sind die Temperaturen gleich mal um 20 Grad gefallen, das Eichenlaub liegt rostrot auf den Straßen und abends um viertel vor sechs ist es stockfinster. Klingt fast wie Norddeutschland, ist aber noch Bulgarien. Kurz vor der Grenze zu Rumänien werden wir ein paar Tage bleiben, um dann am kommenden Wochenende in einem Stück durch Rumänien durchzufahren. Aufgrund der Test- und Quarantänebestimmungen lohnt sich Rumänien für uns als Reiseziel diesmal nicht, sodass unsere nächste Station Ungarn sein wird. Ich bedauere das ein wenig, denn ich bin von Bulgarien als Reiseland sehr positiv überrascht und hätte auch in Rumänien gern einige Reiseerfahrungen gesammelt.

Als Reiselektüre hatte ich mir „die 1%-Methode“ von James Clear als Hörbuch mitgenommen. In der verworrenen Annahme ich könnte auf dem Beifahrersitz sitzen und in Ruhe meinem eigenen Hörbuch lauschen. Ich hatte das Achtung-Tagtraum-Schild übersehen. Merkwürdigerweise hat sich dieses Buch (welches ich übrigens ausdrücklich NICHT besonders empfehle) als Familienlektüre während langer Fahrten bewährt. Allerdings ist es nicht ganz so entspannend, das Buch mit der ganzen Familie zu hören. Denn ständig ruft jemand „Stop“ und dann müssen Teilabschnitte ausdiskutiert und gedeutet werden. Diese Form des „Lesens“ konnte ich schon im Deutschunterricht nicht leiden. Sei’s drum, ein spannendes „Projekt“ dieses Buch mit der ganzen Familie zu hören ist es allemal. James Clear erklärt, wie wichtig die kleinen Gewohnheiten sind und das sich damit quasi die Welt verändern lässt.

Dazu habe ich ein kleines aber enorm weitreichendes Beispiel aus unserem Schulalltag. Seit diesem Schuljahr haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, unseren Schultag mit einem kurzen Schreibschrifttraining zu beginnen. Das hat folgenden Hintergrund: Im letzten Schuljahr habe ich festgestellt, dass Finja sich schwer tut längere Texte zu schreiben. Gezielt habe ich versucht, das mit ihr zu erarbeiten, aber wir schienen in einer Sackgasse zu stecken, nichts lief – alles klemmte. Nach einer halben Seite geschriebenen Textes klagte sie über Hand- und Nackenschmerzen, das Schriftbild war gelinde gesagt grauenhaft, die Buchstaben schienen über das Blatt zu hüpfen, die Schreiblinie berührten sie bestenfalls zufällig, oft passte das Verhältnis der Oberlängen der Buchstaben nicht zum Rest des Wortes, von Orthographie war keine Rede und auch Grammatik, Satz- und Textbau wurden willkürlicher je länger der Text wurde.

Die Frage „was läuft da schief?“ hat mich mehrere Monate beschäftigt, bis ich durch Zufall auf die Internetseite von M.A. Schulze-Brüning gestoßen bin. Bei der Lektüre ihrer Seite kam plötzlich Licht ins Dunkel und ein Aha-Moment folgte dem Nächsten. (https://www.handschrift-schreibschrift.de)

Es scheint nämlich so zu sein, dass dieses „Schriftbild“ in den Schulen gar keine Seltenheit darstellt. Es ist sogar so wenig eine Seltenheit, dass Frau Schulze-Brüning ein Buch (Wer nicht schreibt bleibt dumm) zu dem Thema geschrieben hat und seit Jahren dazu forscht. Die Quintessenz des Buches ist ungefähr so: dadurch, dass die Kinder in den Schulen überwiegend keine verbundenen Schreibschriften mehr lernen (die Grundschrift ist nämlich trotz der Bindebögen keine Schreibschrift! – und die vereinfachte Ausgangsschrift funktioniert auch nicht) und zusätzlich weniger Zeit zum und Anleitung beim Üben haben, entstehen diese ungelenken und hinderlichen Schriften.

Letztendlich beschreibt sie in ihrem Buch genau das, was ich beobachte. Bis zum Ende der Grundschulzeit geht es mehr oder weniger gut mit der Schrift und ab der 5ten Klasse wird eine höhere Schreibgeschwindigkeit und inhaltlich mehr Substanzielles erwartet. Für einen Teil der Schüler (in dem oben genannten Buch habe ich gelesen, dass betrifft 31% der Mädchen und 51% der Jungen) ist es dann, als ob sie mit einem Trabbi zur Formel 1 antreten. Was schade ist, denn die Schrift soll eigentlich ein nützliches Handwerkszeug und keine Belastung sein.

Bei dem, was ich gelesen habe, bin ich ehrlich gesagt erstaunt, dass nicht mehr Schüler aufschreien. Da grenzt ein zweiseitiger Aufsatz an ein Martyrium. Das muss man sich als schnell schreibender Erwachsener mal überlegen, da hocken die Kinder eine Stunde oder länger über dem Papier, Hand und Nacken tun weh, es sieht richtig doof aus, ist furchtbar anstrengend und man weiß schon, dass jeder der es lesen soll ob der äußeren Form die Nase rümpft, bevor er sich dem Inhalt gewidmet hat. Und den Hauch einer Ahnung wie man es besser machen könnte hat man auch nicht. Ehrlich gesagt … ich würde gar nicht erst anfangen! Im Übrigen leidet natürlich auch der Inhalt wenn das Schreiben selbst eine Belastung darstellt. Mit einer stumpfen Schere macht man auch keinen glatten Schnitt.

Zurück zu unserer Gewohnheit. Seit Beginn des Schuljahres starten wir unseren Schultag also mit Frau Schulze-Brünings Schreibschrift-Training, vorausschauend natürlich alle drei Schüler. Wie sie in ihrem Buch voraussagt, lieben die Kinder es an ihrer Schrift zu arbeiten und sich nur auf das Schreiben und nicht auf Inhalte zu konzentrieren. Das hätte ich nicht erwartet, alle drei sind mit Feuereifer bei der Sache und die Erfolge sind beeindruckend. „Schneller, besser, lieber“ fasst es wohl am besten zusammen. Es ist so einfach, wir sitzen jeden Morgen fünf bis zehn Minuten zusammen, ich trinke meinen Kaffee, die Mädels bearbeiten eine Seite in ihrem Arbeitsheft und alle haben ihre Gedanken gesammelt und sind anschließend im Schulmodus. Es ist zu einem festen Ritual geworden, das wir sehr lieben.

Laut James Clear sind es solche festen Gewohnheiten, die uns die größten Erfolge erzielen lassen und uns den Freiraum für Interessantes und Kreatives schaffen. Er hat recht behalten, ich hätte nicht erwartet, dass aus dieser kleinen Gewohnheit so viel Gutes entsteht. Denn eine hübsche und flüssige Handschrift und Freude am Schreiben sind schon ein besonderes Geschenk und jeder Morgen der mit diesen ruhigen, fast meditativen Minuten startet ist eine besonders schöne Geschenkschleife.

In diesem Sinne schreiben wir nun unsere Namen in den Sand – in Schreibschrift!

Buchstabensalat und Kaffeeautomaten und wie mich das alles verwundert

Inzwischen sind wir von Griechenland nach Bulgarien weitergezogen. Von allen Ländern, die wir bereist haben, hatte ich das erste Mal das Gefühl weit weg von zuhause zu sein. Vermutlich macht ein Teil schlicht und einfach die Schrift aus, denn man kann nichts lesen – keine Straßenschilder, keine Inhaltsangaben auf den Lebensmitteln, nicht mal die Bedienungshinweise für die Waschmaschine. Weder das griechische Alphabet noch die kyrillischen Buchstaben der Bulgaren lassen erahnen um welches Wort es sich handeln könnte. Verwundert bin ich dann doch, wie gut wir trotzdem zurechtgekommen sind. Irgendwie geht es halt immer.

Und während in Griechenland in den Lebensmittelläden überwiegend griechische Produkte verkauft werden, macht es uns Bulgarien, wie so viele andere Länder, leicht. Da werden auf die deutschen Haferflocken und Kaiserbrötchen einfach Sticker mit der landessprachlichen Inhaltsangabe aufgeklebt. Sogar ein zünftiges Paulaner Hefeweizen kann man hier kaufen. Merkwürdig, oder?

An dieser Stelle will ich dann mal outen, dass wir keine kulinarische Reise machen. Ich bin der Überzeugung, dass man sich seine Schlachten wählen muss. Die landestypischen Gerichte der Reiseländer lernen wir nur selten kennen.  Nicht weil ich das nicht spannend fänden, sondern weil es sich für uns einfach als unpraktikabel und anstrengend herausgestellt hat. Kochen für eine Mannschaft aus Vegetariern, Glutenfreien, Milchproduktverabscheuern und Zuckergegnern ist ohne hin schon ein Spießroutenlauf. Im Rahmen der Vereinfachung gibt es seit ein paar Wochen etwas mehr als eine Handvoll schneller Rezepte mit einfachen Zutaten, die sich gut besorgen und gut lagern lassen. Und als Ziel zum Thema „Essen machen“ gilt die Parole: Alle am Leben halten! Und ich sag mal so, seitdem ist auch das Thema „Essen machen“ entspannt. Wie gesagt, man muss seine Schlachten wählen. Ich wähle: auf „Öööh, schon wieder Nudeln! Kann es nicht mal wieder Quiche geben?“ mit „streng gucken“ zu reagieren.

So war ich also sehr froh, als ich heute in Bulgarien in den KAUFLAND gehen konnte und ganz einfach glutenfreies Mehrkornbrot von Schär, Gewürzgürkchen und Haferflocken einkaufen konnte, ohne an den Buchstaben herumzurätseln. Aber verwundert hat es mich schon.

Eine Kleinigkeit macht mich in Bulgarien noch stutzig: an allen Ecken stehen Kaffeeautomaten. Solche wie man sie in Kantinen oder Schulen hat, die, bei denen der Kaffee fies schmeckt, wenn der Käufer vor einem die Hühnerbrühe daraus getrunken hat. Und wer kennt es nicht? Man sieht den Automaten- ahnt schon, dass man es nicht tun sollte – tut es trotzdem – man schmeißt 1,50€ in den Schlitz – der Kaffee kommt – und dann: „Urgh!“ – einer der Automaten, die seit mindestens 3 Dekaden nicht sauber gemacht wurde. Jedenfalls sieht man hier in den kleinsten Örtchen diese Automaten an den unglaublichsten Stellen. Ich frage mich nur: Wer macht die eigentlich sauber? Merkwürdig…!

 

Rückblick auf ein Jahr „Homeschooling“

Aktuell sind wir in Griechenland und ich sitze hier und schreibe bei angenehmen 22°C mit Blick auf den Golf von Korinth. Nach dem Regen und den etwas anderen Lebensverhältnissen in Albanien waren die letzten 10 Tage bei tollem Wetter fast ein bisschen wie Urlaub. Wir haben die Berge von Meteora gesehen und die Ausgrabungsstätte am Orakel von Delphi besucht. Jede Etappe unserer Reise scheint etwas anderes für uns bereit zu halten, diesmal waren es Menschen, denen wir uns verbunden fühlen. Natürlich trifft man auf Reisen viele und immer wieder neue Menschen und das macht auch ein Teil des Reizes aus. Häufig bleiben Kontakte aber auf den Ort beschränkt, an dem man zusammen war und nur selten werden Telefonnummer oder E-Mail-Adressen ausgetauscht.

In Meteora hatten wir das Glück, Gleichgesinnte im Geiste zu treffen. Denn es tut einfach gut jemanden zu treffen, der nicht nur sagt „Mensch, find ich toll was ihr da macht“, sondern Menschen, bei denen man das Gefühl hat, da ist jemand, der die Gründe nachvollziehen kann.  Daraus können sich zum einen sehr nette Gespräche entwickeln und für die Mädels ist es auch schön mal mit jemand anderem etwas zu unternehmen, und sei es nur eine Partie Kniffel. Zum anderen können andere Menschen auch Erfahrungen bieten, die wir Eltern nicht bieten können. So hatte Finja die Möglichkeit mit einem professionellen Sportler zu trainieren. Sie war tagelang ganz voll davon und schwärmt seitdem für Leichtathletik.

 

Mein Fazit ist, Kinder profitieren von Kontakten außerhalb der Familie sehr. Aber muss man dafür in die Schule gehen? Nach einem Jahr „Homeschooling“ denke ich, nein das muss man nicht.

Vor ein paar Tagen hatten wir sozusagen einjähriges „Homeschooljubiläum“. Wobei ich das Wort „Homeschooling“ eigentlich gar nicht mag. Ich finde, dass es nicht besonders gut passt. Das was wir machen ist weder „home“ noch „school“.  Im Grunde ist es nichts weiter als die logische Weiterführung dessen, was ich seit ihrer Geburt mit den Kindern tue. Ich begleite ihren Lernprozess, indem ich „vormache“, den Prozess des Übens begleite, mit ihnen zusammen Neues entdecke und mich an den Lernfortschritten erfreue. Wenn plötzlich etwas klappt, singe ich auch gern mal laut „Mein Gott, mein Gott jetzt hat sie’s“ aus der Operette „My Fair Lady“.

Es ist meiner Erfahrung nach nicht wichtig um welche „Lerninhalte“ es geht. Es ist egal, ob das Kind lernt sich vom Bauch in die Rückenlage zu drehen oder ob es die Sache mit den verflixten Brüchen plötzlich verstanden hat. Das Prinzip ist das Gleiche und meine Rolle auch: ich freu mich diebisch! Lernen ist ein intrinsisch motivierter Prozess, will heißen Lernen macht Spaß und ist außerdem ein natürlicher Prozess, der von ganz allein passiert.

Letztendlich ist es doch so, jeder kennt es, wenn man etwas kann, was man vorher nicht konnte, freut man sich darüber. Wenn man jemanden hat, der sich mit einem freut und die Sache dadurch noch mehr Bedeutung bekommt, noch viel besser. Ob derjenige, das erste Mal einen Marathon gelaufen ist oder zum Schuhe zubinden endlich wieder an die eigenen Füße kommt spielt keine Rolle. Es ist die Freude am eigenen Erfolg die uns Dinge „lernen“ und üben lässt.

Es gibt viele Facetten alternativer Schulformen: Freilerner, Unschooler oder Homeschooler. Ich denke, dass die verschiedenen Prinzipien deshalb oft gut funktionieren, weil Kinder in der Regel aus eigenem Antrieb lernen. Ich denke auch, dass es für einen Teil der Kinder stressfreier ist, dass in „Ruhe“ zu tun. Wenn Kinder in einem sozialen Gefüge wie einem Klassenverband sind, entstehen selbstverständlich viele Spannungs- und Lernfelder, die sie gleichzeitig mit verarbeiten müssen. Das lenkt zum einen vom eigentlichen Thema ab und zum anderen nimmt es dem ein oder anderem auch den Spaß am Lernen. Weil wenig Platz für individuell tiefere Beschäftigung mit dem Thema ist, weil zwischenmenschliche Themen in den Vordergrund treten, weil das System für Stärken und Schwächen nicht durchlässig ist und nicht zuletzt weil ein natürlicher Lernprozess nicht mehr in eine Freude über den Lernfortschritt endet sondern in ein enges Notenkorsett gequetscht wird.

Ich bin lange Zeit dem Irrtum erlegen, dass man Noten vergibt, um die Leistung oder die Motivation zu steigern. Ich kann zumindest für meine Kinder sagen, dass das nicht funktioniert. Sie waren nie motivierter und haben noch nie mehr geleistet (in der Schule zumindest) als jetzt und im Übrigen ist es auch das, was ich an vielen anderen Stellen beobachte. Da treffe ich Kinder, die in manchen Bereichen unglaubliches Wissen haben. Frag die mal nach Automarken, Vulkanen oder Pferderassen. Aber in der Schule scheint nichts hängen zu bleiben. Wie kann das? Sicher gibt es einige Gründe. Einer mag die Sache mit den Noten sein. Auf mich wirkt das System mit den Noten ein bisschen so als würde man bei einem Sprint-Läufer nicht nur die Zeit nach 100m werten, sondern auch einbeziehen, wie gut er beim Lauf ausgesehen hat.

Einen Punkt will ich als Grund aber gern ausgeschlossen wissen: die Themen – sprich die Lerninhalte. Aus zwei Gründen. Erstens: Alle Themen, die in der Schule unterrichtet werden sind spannend. Es stimmt einfach nicht, dass es langweilige Themen gibt. Ich hab‘ jedenfalls in noch keinem Schulbuch eins gesehen. Wer eins findet möge mir bitte Bescheid geben, das schaue ich mir an. Und zweitens und das viel Wichtigere: Lernen ist intrinsisch motiviert, das Thema spielt nur eine untergeordnete Rolle, die Sache als solche macht schon Freude.

Wie gesagt, es gibt Menschen, die sich freuen, wenn sie ihre Zehen wieder berühren können und das ist klasse! Wenn wir also am Tisch sitzen und gegen das „Mathemonster“ kämpfen und sich die beiden „Grundschüler“ mit an den Tisch quetschen und eifrig mitfiebern, bis am Ende das letzte Ergebnis in der fiesen Bruchrechenschlange stimmt und wenn dann alle abklatschen und fröhlich sind, ganz ehrlich – dann kann es doch nicht am Thema gelegen haben. Es macht einfach Spaß das zu können!

Nach einem Jahr ziehe ich also folgende Bilanz, die Kinder profitieren im Allgemeinen vom Kontakt mit anderen Menschen sehr, aber das Lernen von „Schulstoff“ geht ohne „Schule“ leichter.