Die Freiheit des Truckers

Manchmal ist es doch merkwürdig, auf welche Weise sich die kleinen Zeichen des Lebens uns anbieten, oder? Vielleicht geht das auch nur mir so:

Unsere erste Etappe führte von Berlin nach Österreich (gut 700 km), das ist mehr als wir am Stück schaffen, also haben wir nach bewährtem Verfahren wieder die Nacht auf einem Autobahnrastplatz geschlafen. Das ist für uns die effizienteste Methode um „Strecke zu machen“. Wir können mit schlafenden Kindern so lange fahren, wie es die eigene Müdigkeit zulässt, verlieren keine Zeit durch Wege zum Campingplatz über Land und unnötiges Auf- und abbauen und am nächsten Morgen geht es direkt weiter, Frühstück gibt es im Auto. So haben wir die erste Nacht dieser Tour auf einem Autobahnrastplatz zwischen Berlin und Passau verbracht. Nach der, zugegebenermaßen, recht lauten Nacht, schlapp ich also mit meinem Rastplatzmorgenkaffee (übrigens noch ein Vorteil von Rastplatzübernachtungen: der Kaffee am Morgen.) … schlappe ich also über den Rastplatz und da kommt es mir entgegen, mein Zeichen von Freiheit, in Form eines polnischen LKW Fahrers.

Die Morgensonne scheint vom blauen Himmel, der Kaffee dampft und vor mir kreuzt er – nackt bis auf den Schlüpfer, behaarter Rücken bis zum Hals und in der typischen Figur eines Mannes der tagein tagaus im LKW sitzt., meinen Weg. Und mich flutet das Gefühl, „That made my day!“ Leider gibt es dafür keinen guten deutschen Ausdruck und außerdem war es exakt das, was ich gedacht habe. Aber warum? Nun entsprechen Männer dieser Statur so gar nicht meinem Ideal von Sexappeal, andernfalls hätte ich mit Patric die wohl denkbar schlechteste Wahl getroffen. Dieser Mann strahlte aber einen Frieden mit sich selbst und der Welt aus, dass es fast greifbar war. Er war frei davon, wie man aussehen „sollte“ oder was bzw. ob man etwas anziehen „sollte“, welcher Ort besonders schön ist und welche Geräuschkulisse angenehm ist. Er wirkte wie jemand, der genau da war, wo er sein wollte und das im Schlüpfer neben der A9 zwischen Berlin und Passau.

Das ist für mich Freiheit, das zu tun, was man möchte, unabhängig davon wo man ist, wer man ist oder was von einem erwartet wird.

Ich muss zugeben, es hat ein paar Tage gedauert bis ich verstanden hatte warum mir diese Szene so gut gefiel. Aber dieser Mann hat mich in seiner Unbefangenheit beeindruckt.

Wir haben die letzte Woche hier in Oberösterreich verbracht und die Sonne genossen. Wir waren Schwimmen, die Mädels und ich waren Stand-Up-Paddeln und wir haben die ersten Tage unterwegs genossen.

Das ist auch Freiheit, aber bei Weitem noch nicht so formvollendet wie die des Truckers.

 

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